Erfahrungsbericht Hope



Was will ich mit diesem (vermutlich ungewöhnlich langen) Beitrag? Ich möchte in erster Linie meine Erfahrungen teilen, die mich jetzt schon bereichert haben.

Welche Erfahrungen habe ich gemacht? Ich habe gelernt, dass es Menschen gibt, bei denen das Wort und ein Versprechen noch zählen, bei denen nicht Profit, sondern das Wohl der Mustangs an erster Stelle steht. An dieser Stelle gilt mein Dank Silke und Sandra, die mich jederzeit unterstützen. Ihnen gilt außerdem mein absolutes Vertrauen. Sandra bin ich dazu sehr dankbar für die Videos und Fotos von meiner Stute, die mir die Wartezeit etwas verkürzen.

Ich habe gelernt, dass alles im Leben einen Preis hat und man sich vorher entscheiden muss, ob man diesen Preis zahlen will oder nicht. Ich habe auch gelernt, dass man andere Leute einfach reden lassen und standhaft bleiben muss. Wenn man selbst an seinem Vorhaben zweifelt, lässt man besser schnell die Finger davon.

Ich habe außerdem gelernt, dass es zwar etwas komplizierter, aber machbar ist, eine Versicherung für mein Pferd in Amerika abzuschließen. Auch da bin ich gerne bereit Erfahrungen zu teilen…

Warum mein Mustang „Hope“ heißt? Hope ist „nur“ eine Abkürzung und steht für „Heartbeat of Hope“. Die letzten 2 Minuten der Auktion hatte ich gigantisches Herzklopfen und Sorge, dass sich meine Hoffnung nicht erfüllen wird. Das Gefühl im Anschluss war unbeschreiblich und ich hoffe, dass ich noch ganz viele unbeschreibliche Momente mit ihr haben werde. Hoffnungen und Wünsche sind ein Teil meines Lebens. Hope soll auch ein Teil meines Lebens werden.

Wer jetzt noch an meinen Erfahrungen interessiert ist, darf gerne weiter lesen. Ich habs wirklich probiert, es geht nicht kürzer ;)

(Vorgeschichte)

 

Sommer 2015

Ich merke, es wird Zeit wieder ein Pferd in mein Leben zu lassen. Ich surfe im Internet und schaue mir Pferdeinserate an, stöbere in Zeitungen.

Oktober 2015

Ich surfe immer noch im Internet. Entdecke Rassen, die ich toll finde und stolpere das erste Mal beiläufig über den Amerikanischen Mustang und die Seite des BLM. Es werden Mustangs zur Adoption angeboten? Ungläubig überfliege ich Texte, Erklärungen und Bilder von wild gefangenen Mustangs.

Februar 2016

Ich besuche regelmäßig die Auktionsseite des BLM und finde eine Buckskinstute, die mir wirklich gefällt. Ich nehme all meinen Mut zusammen und schreibe in meinem besten „germanenglish“ eine erste Mail ans BLM. Voller Hoffnung und großer Erwartungen. Die Antwort kommt prompt und ist herzlich und aussagekräftig. Mir wird klar, dass ich an diese Stute nicht drankommen werde, weil die Auktion in zwei Tagen vorbei sein wird. Aber für die nächste Auktion will ich vorbereitet sein. Das BLM eröffnet mir auch die Möglichkeit, ein sogenanntes „saleeligiblehorse“ zu erstehen, das ohne das Adoptionsjahr sofort ausreisen kann.

Adoptionsjahr? Wie zur … soll ich in den USA jemanden finden, der sich ein Jahr lang um meinen Mustang kümmert, ihn pflegt, versorgt und mir mitteilt, wie es ihm geht? Was kostet das Ganze? Ziemlich großes Risiko ein Pferd zu „adoptieren“ und dann irgendwem Geld zu geben in der Hoffnung, dass das schon alles gut gehen wird? Was ist, wenn das Pferd krank wird? Wie krieg ichs hier rüber? Danke, ich bin raus. Oder? Das BLM und ich mailen noch etwas hin und her, aber mir erscheint das Ganze zu unsicher.

Zudem verweist die eine deutsche Airline, die ich kontaktiere, mich an eine amerikanische Airline, die sich gar nicht erst zurückmeldet.

 

„Hope“

31. Juli 2016

Ich surfe seit nunmehr einem Jahr auf einschlägigen Verkaufsportalen für Pferde und suche – natürlich – immer noch einen Mustang. Es gibt einige, stelle ich fest, im Vergleich zu den anderen Monaten, sogar extrem viele. Aber ich suche nach einer Buckskinstute und die einzige, die in Etwa für mich in Frage kommt, zündet noch nicht wirklich. Meine Gedanken schweifen ab und ich besuche seit langer Zeit mal wieder die Webseite des BLM.

Beim Klicken auf diverse Mustangbilder fällt mir ein Kopf besonders auf. „Oh hallo, wer bist denn du?“ denke ich und schaue sie mir an. Eine vierjährige Buckskinstute, 15 hands groß, schlank, muskulös, wache Augen aber ein freundlicher Gesichtsausdruck – soweit das bei einem Pferd möglich ist. „Hübsch“ denke ich, und klicke weiter. Weil die Zeit zum Träumen noch ist, klicke ich mich nochmal durch die Bilder und bleibe wieder bei dieser Stute hängen. Es sind Momentaufnahmen, aber sie haben gereicht, um den Gedanken Adoption wieder ins Spiel zu bringen.

Ich fasse mir ein Herz und beschließe, eine Mail an Silke zu schreiben. Das kostet am wenigsten Überwindung. Im Alleingang werde ich mein Ziel nicht erreichen, soviel ist mir klar. Über den Telefonanruf von Silke, der noch am selben Tag erfolgt, bin ich sehr überrascht. Und dann sitze ich da und erzählte was ich suche, was ich erhoffe und was ich gesehen hatte. Silke versprach, bei Sandra, ihrer Trainerin in Georgia mal anzufragen, ob sie auf die Stute bieten würde, da die Verfahrensweise doch eher ungewöhnlich ist.

Das war für mich Tag X. Ich wusste, es gibt kein Zurück mehr. Ich zieh das jetzt durch.

 

1. August 2016

Ich habe vermutlich ein Talent, Dinge auf den letzten Drücker geschehen zu lassen. Die Zeit um sich einzuloggen und mitzubieten ist relativ kurz. Die Auktion für „meine Stute“ endet am 2. August, 19 Uhr. Silke kümmert sich kurzfristig um die Vermittlung meiner und Sandras Wünsche und ich weiß schließlich per Mail, dass Sandra auf die Stute mitbieten möchte und schon mal einen Vertrag aufsetzen wollte, in dem alles Wichtige festgehalten wird (Kosten und Leistungen) und dass sie sich bemühen will, eine Versicherung für das Pferd zu finden, die höhere Kosten abdeckt, falls etwas mit ihm passiert.

2. August

Silke kontaktiert mich morgens schon relativ früh und sagt mir, dass Sandra heute versuchen würde sich einzuloggen und mitbieten wolle. Ich sollte allerdings sehr schnell über „eine bekannte Onlineüberweisungseinrichtung“ den Betrag, der mein Maximalgebot sein sollte, an sie überweisen, weil sie nicht ohne Sicherheiten in Vorleistung treten wird. Falls sie das Pferd nicht bekommt, würde sie mir den vollen Betrag zurückerstatten. Für mich klang das fair (bis auf die Tatsache, dass ich eine nicht kleine Summe Geld über eine mir suspekte Onlineüberweisungsmethode an jemanden, den ich nicht kenne auf Anraten von jemandem, mit dem ich in den letzten 2 Tagen „nur“ telefoniert bzw. gemailt hatte, überweisen sollte)…

Ich bin voller Hoffnung und Vertrauen und der festen Überzeugung, dass das klappt. Heute Abend hatte ich also entweder einen Mustang adoptiert oder würde eine ganze lange Weile nichts mehr von Mustangs wissen wollen. Ich will Necktag 2583 aus Fallon, Nevada.

Ich überweise den Betrag, schicke eine Bestätigungsmail an Silke und mit der Information, dass sie sich in den nächsten Stunden melden wird, versuche ich einen normalen Tag durchzustehen. Die nächsten Stunden ziehen sich und gegen 15 Uhr schreibe ich eine Mail an Silke mit der Frage, ob sie was wisse (denn natürlich hatte ich die Auktion verfolgt und es wurde einfach nicht weitergeboten). Es kommt eine knappe Antwort, dass Sandra sich nicht mehr einloggen dürfe, weil das bis gestern hätte passieren müssen, sie versuche es aber trotzdem weiter. Es werde aber eng. Mein Herz rutscht in die Hose, ich kann es einfach nicht fassen, dass mein Herzenswunsch jetzt an der amerikanischen Bürokratie scheitert. Die Minuten und Stunden vergehen und ich will nicht einsehen, dass es schon vorbei ist.

Um 16:30 Uhr erhalte ich die „rettende“ Mail, die mich im Anschluss herumirren lässt, wie ein aufgescheuchtes Reh: „Sie hat es geschafft, Sie ist im System und kann bieten... Drück die Daumen…“

Alles was ich tun kann ist „Daumen drücken?“ Ich habe noch nie so gelitten. Es sind noch 2 ½ Stunden bis zum Ende der Auktion um 19:00 Uhr. Ich schaue natürlich regelmäßig auf den Auktionsfortschritt und beruhige mich etwas, als ich jemanden mit der Identifikationsnummer „GA…“ mitbieten sehe und denke, ok, es funktioniert, GA steht mit Sicherheit für Georgia. Ich habe im Gefühl, es wird alles gut.

Um 18:48 Uhr ruft Silke an und sagt, ich müsse mich schnell entscheiden, der von mir festgelegte Höchstbetrag könne überboten werden (und ich hatte schon weit mehr angesetzt, als wir vorher spekuliert hatten und als für einen Mustang eigentlich üblich ist). Ich überlege nicht lange und da ich eine runde Summe angegeben hatte, erhöhe ich einfach auf einen krummen Betrag. Eigentlich ist mein Limit erreicht und ich glaube auch nicht, dass dieses erreicht werden sollte.

Um 18:55 Uhr sehe ich, dass jemand diesen Betrag überboten hatte. Wir sitzen gerade beim Abendbrot und mir bleibt der Bissen im Halse stecken. Sollte es jetzt vorbei sein? Ich sitze ohnmächtig da und wundere mich, dass mich mein todsicheres Gefühl im Stich lässt. Um 18:58 Uhr ruft Silke an. „So, wir haben jetzt noch 2 Minuten. Willst du noch mehr bieten…“ Ich falle ihr ins Wort und nenne eine weitere Summe. Wir legen auf und mein Herz schlägt, ungelogen, die nächsten 2 Minuten bis zum Hals. Ich lade die Auktionsseite nahezu sekündlich neu und sehe eigentlich nicht mehr, was dort steht. Um 19:00 Uhr ist das Erste, was mir nach dem Laden der Seite ins Auge fällt „biddingisnowover“. Ich scrolle runter auf die Seite und was ich sehe ist der von mir genannte Betrag und Sandras Identifikationsnummer. Ich schaue meinen Mann an und meine Augen füllen sich mit Tränen.

Sekunden später ruft Silke an: „Du hast sie. Es war knapp, aber du hast sie.“ Da war es dann um mich geschehen. Ich bin heute und wahrscheinlich mein Leben lang so dankbar, dass Sandra und Silke sich an dieser Stute letztendlich genauso „festgebissen“ haben wie ich.

14. Oktober

In den letzten Wochen habe ich einiges an Organisation regeln können. Ich habe einen Vertrag mit Sandra abgeschlossen, mittlerweile habe ich auch eine „healthinsurance“ und eine „majormedical“ Versicherung abgeschlossen und mich um einen Offenstall für nächstes Jahr bemüht. Von Silke wurde mir vor der Adoption schon eine Fluggesellschaft empfohlen, bei der habe ich mich aber noch nicht gemeldet.

Sandra schickt mir regelmäßig Bilder (ich glaube man kann nie genug bekommen), ein paar Videos habe ich auch schon bekommen und ich freue mich wahnsinnig über jedes neue Bild oder eine Mitteilung über Hope. Ich weiß, dass sie eine von den zurückhaltenderen Stuten ist und die Situation eher skeptisch, aber sehr interessiert beobachtet, wenn Sandra sich nähert oder mit den anderen Mustangs beschäftigt. Sie ist vermutlich die größte oder eine der größten Stuten in Sandras Herde. Ich weiß auch, dass sie tolle Gänge hat und ihr Fell in der Sonne wie Gold glänzt. Für den Moment reicht mir das. Ich bin gespannt, wie es weiter geht, wann Sandra sie das erste Mal in den Roundpen nimmt und wie sie sich entwickelt. Jetzt gerade bereue ich keine meiner Entscheidungen.

 

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